Gleicher Lohn am gleichen Ort – EuGH: Ja, aber…

Abrechnung und Auszahlung

Text: Christoph Wiesinger, Geschäftsstelle Bau

Entsandten Arbeitnehmern gebührt grundsätzlich das Entgelt des Herkunftsstaats, außer wenn im Empfangsstaat, sprich der Zielort der Arbeitsleistung, ein höherer Lohnanspruch besteht. In letzterem Fall hat der Arbeitnehmer für den Zeitraum der Entsendung Anspruch auf den höheren Lohn. Dieser sich aus dem Unionsrecht ergebende Umstand ist mittlerweile hinlänglich bekannt.

Daher stieß das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. 12. 2019 (Rs C-16/18 Dobersberger) in der Öffentlichkeit auf Erstaunen, da das Gericht hier anders entschieden hatte. Dabei handelte es sich um einen besonderen Fall, der sich wie folgt zugetragen hatte: die ÖBB hatte für ihre Züge von Budapest nach Salzburg und München das Bordservice an ein externes Unternehmen (konkret Henry am Zug) vergeben. Die Speisen und Getränke wurden in Budapest in den Zug verladen und dann während der Fahrt – also sowohl in Ungarn als auch in Österreich und Deutschland – an die Fahrgäste verkauft. Auch die administrativen Tätigkeiten (zB Abrechnung der Tagesumsätze) erfolgten in Budapest.

Strittig war nun, ob das in Ungarn eingestellte Bordpersonal während der Fahrt durch Österreich Anspruch auf den österreichischen Mindestlohn hatte oder nicht. Der EuGH entschied, dass die Bezahlung des ungarischen Mindestlohns ausreichend ist. Dies begründete er mit der Tatsache, dass es sich hier um keine Entsendung zur Dienstleistung nach Österreich gehandelt hatte und ein wesentlicher Teil der Arbeitsleistung in Ungarn erfolgte.

Bedeutung für die Bauwirtschaft?

Angesichts des besonderen Sachverhalts kommt der EuGH-Entscheidung für die Bauwirtschaft keine Bedeutung zu. Bauarbeiter, die vom Ausland nach Österreich entsandt werden, werden im Rahmen einer Dienstleistungsentsendung tätig. Daher unterliegen diese Tätigkeiten den Bestimmungen der Entsende-Richtlinie. Für Bauarbeiter gilt daher weiterhin: wer in Österreich als Bauarbeiter arbeitet, hat Anspruch auf einen Lohn in zumindest der Höhe des österreichischen Kollektivvertrags. Das gilt auch für die Montage von im Ausland hergestellten Baufertigteilen. Auch hier werden die Montagetrupps zur Dienstleistung nach Österreich entsandt.

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