Weniger Quarzfeinstaub auf Baustellen

Quarzfeinstaub gilt seit dem Jahr 2020 als krebserzeugender Arbeitsstoff. Branchenlösungen und Musterevaluierungen sollen zu weniger Quarzfeinstaub auf Baustellen führen.

Text: Robert Rosenberger, Geschäftsstelle Bau

Aufgrund der Vorgaben der EU-Richtlinie 2017/2398 und deren verpflichtender Umsetzung in die nationalen Rechtsvorschriften wurde mit BGBl. II 382/2020 die Grenzwerteverordnung (GKV) und die Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz (VGÜ) novelliert. Dabei wurden Quarzfeinstaub als krebserzeugend eingestuft und der Grenzwert mit 0,05 mg/m3 (MAK-Wert) festgelegt (davor 0,15 mg/m3 MAK-Wert). Die rechtlichen Grundlagen zum Thema Quarzfeinstaub werden in eigenen Erläuterungen des Zentral-Arbeitsinspektorates (ZAI) beschrieben.

Schwerpunktaktion der Arbeitsinspektion

Die Arbeitsinspektion hat aufgrund dieser Neuerungen im Jahr 2021 österreichweit einen Schwerpunkt für Quarzfeinstaub durchgeführt. Die Schwerpunktaktion hatte staubarme Arbeitsweisen auf Baustellen und im obertägigen Bergbau sowie die Reduktion oder Vermeidung von Quarzfeinstaub zum Ziel. Die Aktion hat folgende Ergebnisse gezeigt:

  1. Die Hälfte der Unternehmen kennen das Thema Quarzfeinstaub.
  2. Etwa drei Viertel der Unternehmen sehen sich vom Thema Quarzfeinstaub betroffen.
  3. Etwas weniger als die Hälfte der Betriebe setzt Maßnahmen gegen Staubbelastung auf Baustellen.
  4. Mehr als die Hälfte der Unternehmen ist sich nicht sicher, ob die von ihnen gesetzten Maßnahmen zur Staubbekämpfung wirksam sind.
  5. Die Mehrzahl der Betriebe gibt an, dass das Thema Staubbekämpfung von Planungs- und Baukoordinatoren in SiGe-Planen bis jetzt kaum berücksichtigt wird, obwohl es sich eindeutig um einen kollektiven Gefahrenbereich handelt.

Die Ergebnisse zeigen auf, in welchen Bereich noch Handlungsbedarf besteht. Die Schwerpunktaktion wird heuer fortgesetzt und Mitte des Jahres 2022 abgeschlossen.

Aktuelle Branchenlösungen

Österreich:

Die Bauverbände haben in Zusammenarbeit mit der zuständigen Abteilung der Arbeitsinspektion eine Branchenlösung für die praxisgerechte Handhabung von Quarzfeinstaub auf Baustellen ausgearbeitet. Der Kern der Branchenlösung ist eine Best-Practice-Liste mit Arbeitsverfahren am Bau, bei denen typischerweise Staub entsteht. Dabei wird im Detail beschrieben, mit welchen Arbeitsweisen das Staub- und somit auch das Aufkommen von Quarzfeinstaub reduziert bzw. minimiert werden kann. Die österreichische Branchenlösung ist in der Mappe „Sicherheit am Bau 2020“ im Kapitel D 26, „Arbeiten mit Quarzfeinstaub“, abgebildet.

Deutschland:

In Deutschland haben sich vor einigen Jahren Bauverbände, die Bau-Gewerkschaft, die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie weitere Institutionen und Organisationen auf gemeinsame Aktivitäten zur Staubminimierung beim Bauen verständigt und zum Aktionsprogramm „Staubminimierung beim Bauen“ zusammengeschlossen. Ziel des mehrjährigen Programms war die Ausarbeitung von Informationen und Handlungshilfen zur Staubvermeidung auf Baustellen. Ergebnis ist eine Reihe von Branchenlösungen und Handlungsanleitungen für verschiedene Baubereiche, wie z.B. Abbruch- und Rückbauarbeiten, Straßen- und Tiefbau, Leitungsbau oder Tunnelbau. Diese stehen im Internet auf der zentralen Seite www.staub-war-gestern.de zum Download zur Verfügung.

Europa:

Die jüngste Branchenlösung zur Vermeidung von Quarzfeinstaub wurde von den europäischen Sozialpartnern der Bauwirtschaft (Europäischer Bauwirtschaftsverband FIEC und Europäische Baugewerkschaft EFBWW) ausgearbeitet und im Jänner 2022 veröffentlicht. Diese Ausarbeitung trägt den Titel „Weniger Quarzstaub auf Baustellen“ und stellt einen Leitfaden für gute Praktiken zur Staubvermeidung dar, die nach Berufen und Tätigkeiten geordnet sind. Die Besonderheit dieser europäischen Branchenlösung ist, dass auf 36 Seiten neben den Tätigkeitsbereichen des Bauhauptgewerbes auch zahlreiche Bauneben- und Ausbaugewerbe abgedeckt sind. Sie steht in 12 Sprachen auf den Internetseiten der FIEC und der EFBWW sowie auf der Homepage der Geschäftsstelle Bau zum Download bereit (www.bau.or.at/arbeitssicherheit).

Je nach Anwendungsbereich und Bedarf kann in Österreich auf alle genannten Branchenlösungen zurückgegriffen werden. Entscheidend ist, dass zielgerichtet Maßnahmen gegen die jeweilige Staubentwicklung gesetzt werden und dass dies auch in der Evaluierung festgehalten wird.

Musterevaluierungen

Die nachfolgenden Musterevaluierungen wurden mit der Zentralen Arbeitsinspektion  ausgearbeitet und können als Beispiele dafür verwendet werden, wie Gefahren durch Staubentwicklung auf Baustellen beurteilt und Maßnahmen zur Gefahrenabwehr für Arbeitnehmer gesetzt werden können.

Die Evaluierung von Staubbelastungen und deren Dokumentation ist ein Teil der allgemeinen Gefahrenevaluierung, die grundsätzlich für alle Arbeitsplätze und somit auch für Baustellen verpflichtend ist.

Generell gilt, dass Gefahren dann zu bewerten und Maßnahmen dagegen zu definieren sind, wenn sie auch wirklich auftreten. In der Regel wird dies dann der Fall sein, wenn Arbeitnehmer länger als eine Stunde pro Tag (Durchschnittswert einer Arbeitswoche) einer Staubexposition ausgesetzt sind. Für folgende Bereiche stehen Musterevaluierung zur Verfügung:

  • Abbruch mit Bagger
  • Estrich entfernen
  • Putz entfernen
  • Betonboden stemmen
  • Trockenbau schleifen
  • Pflastersteine bearbeiten
  • Leitungsbau Bodenverdichtung

Die Musterevaluierungen dienen als Beispiele zur Ansicht. Für die individuelle Anwendung wird unter www.bau.or.at/arbeitssicherheit ein Leerformular mit dem Titel „Checkliste Belastung durch Staub“ angeboten.

Aktuelle Gesetze

Dem Thema Quarzfeinstaub ist auch ein Sonderkapitel in der aktuellen Sammlung „Aktuelle Gesetze ArbeitnehmerInnenschutz Bau 2022“ mit dem Einführungserlass des ZAI, der Österreichischen Branchenlösung und den Musterevaluierungen gewidmet (www.webshop.wko.at).

Ausblick

Nachdem die neuen Bestimmungen zu Quarzfeinstaub im Jahr 2020 eingeführt wurden, sind eine Reihe von Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung in diesem Bereich gesetzt worden. Mit den zwischenzeitlich geschaffenen Hilfsmitteln wie Branchenlösungen und Handlungsanleitungen sollte nun die wirksame Bekämpfung von Quarzfeinstaub in der Baupraxis in allen betroffenen Baubranchen fortgesetzt werden.

 

INFO

✓ Muster-Evaluierungen Quarzfeinstaub

✓ Europäische Branchenlösung „Weniger Quarzstaub auf Baustellen“ (Ein Leitfaden für gute Praktiken, nach Berufen und Tätigkeiten geordnet)

✓ Branchenlösung für Baustellen – Österreich (Auszug aus Mappe „Sicherheit am Bau“, Kapitel D 26, „Arbeiten mit Quarzfeinstaub“)

✓ Erläuterungen der Arbeitsinspektion

www.bau.or.at/arbeitssicherheit

 

Kommentar

Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen sind Grundvoraussetzungen für qualitätsvolle Bauarbeiten. Die gesetzlichen Vorgaben im Arbeitnehmerschutz sind umfangreich, weshalb praktische Anwendungshilfen für die Betriebe besonders wichtig sind. Der Fachausschuss für Arbeitssicherheit der Geschäftsstelle Bau stellt den Bedarf an solchen Hilfsmitteln für die Baupraxis fest und veranlasst deren Ausarbeitung. So haben wir zum Beispiel im Bereich Quarzfeinstaub die Branchenlösung und die Musterevaluierungen mitgestaltet. Wir hoffen, dass wir damit unseren Betrieben nützliche Hilfsmittel zur Bewältigung dieses wichtigen Themas bereitgestellt haben.

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Landesinnungsmeister BM Ing. Michael Stvarnik

Vorsitz Fachausschuss Arbeitssicherheit

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