Am 1. Oktober 2021 treten in ABGB neue Kündigungsbestimmungen in Kraft. Für die Bauwirtschaft hat diese Gesetzesänderung letztlich aber keine Bedeutung.
Text: MMag. Dr. Christoph Wiesinger, Geschäftsstelle Bau
Im Jahr 2017 hat der Gesetzgeber die Kündigungsfristen und -termine für Arbeitsverhältnisse von Arbeitern neu geregelt und an jene der Angestellten angeglichen (BGBl I 2017/153). Die Neuregelung hätte ursprünglich bereits Anfang 2021 in Kraft treten sollen, doch wurde – ohne sonstige inhaltliche Änderung – das In-Kraft-Treten zunächst auf den 1. Juli 2021 (BGBl I 2020/131) und zuletzt auf den 1. Oktober 2021 (BGBl I 2021/121) verschoben.
Für Saisonbranchen sieht die Gesetzesbestimmung eine Ausnahmeregelung vor, wonach im Kollektivvertrag abweichende Regelungen festgelegt werden können. Dies bedeutet, dass in Saisonbranchen kollektivvertragliche Kündigungsregelungen auch nach dem 1. Oktober 2021 vorrangig gegenüber den gesetzlichen Bestimmungen gelten.
Die Ausnahmeregelung für Saisonbranchen gilt auch für den Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe („Bauarbeiter-KV“): Schon in den Materialien zur Gesetzesnovelle 2017 wurde festgehalten, dass „Betriebe des Baugewerbes“ unter den Begriff der Saisonbranche fallen (AA 243 BlgNR 25. GP, 4). Darüber hinaus enthält der „Bauarbeiter-KV“ eine (zwischenzeitig beim Bundeseinigungsamt hinterlegte) Klausel, die ebenfalls festhält, dass im Geltungsbereich dieses Kollektivvertrags die Ausnahmeregelung für Saisonbranchen zum Tragen kommt.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Bestimmungen über die „Lösung des Arbeitsverhältnisses“ laut § 15 Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe auch nach dem 1. Oktober 2021 unverändert anzuwenden sind. Die übrigen Bestimmungen zur Kündigung sind unverändert geblieben; dem Betriebsrat ist daher wie bisher eine Woche Zeit zur Stellungnahme zur Kündigung zu geben. Auch das Frühwarnsystem nach § 45a AMFG ist weiterhin zu beachten. Nach einer neuen Entscheidung des OGH ist ein absichtliches Verteilen von Kündigungen auf zwei Zeiträume zum Zwecke des Unterschreitens der Schwelle, die das Frühwarnsystem auslöst, nicht zulässig (9 ObA 33/21z).
Kommentar Bmstr. Ing. Robert Jägersberger
Bundesinnungsmeister der Bundesinnung Bau
Sonderregelung für den Bau: notwendig und gerechtfertigt
Mit 1. Oktober werden die Kündigungsfristen für Arbeitsverhältnisse von Arbeitern an jene der Angestellten angeglichen. Für die Bauwirtschaft sieht das Gesetz jedoch eine Ausnahmeregelung vor. Unsere Branche bleibt also von einer unpraktikablen Verlängerung der Kündigungsfristen verschont. Und das ist immens wichtig.
Die von den Bauverbänden aufgezeigten besonderen Umstände, unter denen die Bauwirtschaft als witterungsabhängige Branche agieren muss, waren letztendlich mitentscheidend für diese Sonderregelung: Mangels Möglichkeit der Produktion auf Lager und angesichts ihrer Witterungsabhängigkeit braucht die Bauwirtschaft eine ausreichende Flexibilität bei Personaldispositionen. Zudem wurde diese Flexibilität in der Vergangenheit bei Lohnverhandlungen immer entsprechend honoriert.
Darüber hinaus wurde mit zahlreichen sozialpolitischen Maßnahmen, wie z.B. dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) oder dem Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz (BSchEG), die notwendige Flexibilität sozial abgefedert. Nicht zuletzt aufgrund dieser sozialpolitischen Sonderlösungen im Interesse der Bauarbeiter ist es meines Erachtens legitim und gerechtfertigt, im Gegenzug bei den Kündigungsfristen auf die branchenspezifischen Bedürfnisse der Arbeitgeber Rücksicht zu nehmen.
Längere Kündigungsfristen würden massive negative Konsequenzen für den Bau und den heimischen Arbeitsmarkt nach sich ziehen: Bauunternehmen wären gezwungen, ihre Stammbelegschaft auf ein Mindestmaß zu reduzieren und Beschäftigungsschwankungen auf Basis von Arbeitskräfteüberlassung und Subverträgen mit Entsendebetrieben abzufedern. Außerdem: bei einem späteren Wintereinbruch oder einem milden Winter würden längere Kündigungsfristen dazu führen, dass die Baustellen eingestellt werden, obwohl die Witterung Bauarbeiten noch zuließe. In einem solchen Fall würden längere Kündigungsfristen an sich vermeidbare Arbeitslosenzahlen produzieren. Und das wäre nicht im Sinne der Allgemeinheit.