Ab einer Temperatur von 32,5° C kann der Arbeitgeber die „Schlechtwetterregelung“ wegen Hitze anwenden. Einen Rechtsanspruch des Bauarbeiters auf Hitzefrei gibt es aber nicht – und das hat durchaus triftige Gründe.
Dr. Christoph Wiesinger, Geschäftsstelle Bau
Das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz regelt, dass ein Arbeitnehmer bei einem Arbeitsentfall wegen Schlechtwetter einen Anspruch auf Lohnfortzahlung in Höhe von 60 % hat. Der Arbeitgeber bekommt die dafür entstehenden Kosten samt einem pauschalen Zuschlag von 30 % für die Lohnnebenkosten über Antrag von der BUAK rückvergütet.
Hitze als Schlechtwetter
Die BUAK ist bei der Zuerkennung oder Ablehnung des Rückerstattungsanspruchs an die Schlechtwetterkriterien (s. link unten) gebunden. Diese legen genau fest, in welcher Menge Niederschlag fallen muss, welche Windgeschwindigkeit zumindest herrschen muss, aber auch, wie kalt bzw. heiß es zumindest sein muss. Für Hitze beträgt der Grenzwert 32,5 °C. Ab diesem Wert gilt Hitze als „Schlechtwetter“.
Allerdings kommt es dabei nicht auf den Wert an, der auf einer konkreten Baustelle (oder sonstigen Arbeitsstelle) gemessen wird, sondern auf die Temperatur, die von Geosphere Austria (vormals Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, kurz: ZAMG) aufgrund standardisierter Messungen in der nächstgelegenen Wetterstation ausgewiesen wird. Diese Wetterstationen müssen – damit die Daten vergleichbar sind – im Grünen stehen und an wenig exponierten Stellen errichtet werden. Das kann dazu führen, dass auf einer konkreten Baustelle der Grenzwert überschritten ist, während die nächstgelegene Messstation von Geosphere Austria einen niedrigeren – eventuell auch unterhalb des Grenzwerts liegenden – Wert ausweist. Das Problem, dass ein Bauunternehmer diese Messwerte nicht kennt, stellt sich grundsätzlich bei allen Wetterphänomenen, in der Praxis spielt es aber bei Hitze eine besondere Rolle.
Temperaturabfrage online
Aus diesem Grund bietet die BUAK die Möglichkeit an, die Temperatur der Messstationen online abzufragen. Dazu muss sich der Arbeitgeber einmalig registrieren und kann dann über eine Portalanwendung laufend selbst die aktuellen Temperaturen (mit nur 10 Minuten Verzögerung) abfragen. Dazu braucht man lediglich die Postleitzahl der Baustelle angeben, denn danach weist das Abfrageprogramm die Baustelle der relevanten Messstation zu.
Hitzefrei: Arbeitgeber entscheidet
Über die Einstellung der Arbeiten auf einer konkreten Baustelle entscheidet – egal ob es sich um klassisches Schlechtwetter oder um Hitze handelt – der Arbeitgeber. Nach dem Gesetz muss er zwar den Betriebsrat anhören, die Entscheidungsbefugnis obliegt ihm aber letztlich alleine. Dass es auch im Interesse des Arbeitgebers sein wird, Bauarbeiter nicht unnötig an besonders exponierten Stellen einzusetzen, ist aus rein praktischen wie wirtschaftlichen Überlegungen naheliegend. Einen gesetzlichen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf Hitzefrei gibt es jedoch nicht. Gegen einen solchen Rechtsanspruch sprechen mehrere Gründe:
- Die Praxis zeigt, dass auf den Baustellen die Arbeitnehmer oft geteilter Meinung sind, was die Niederlegung der Arbeit aufgrund von Hitze betrifft, weil damit letztendlich immer ein Verdienstentgang einhergeht. Ein individueller Freistellungsanspruch eines Arbeitnehmers würde zu einem erheblichen Chaos auf den Baustellen führen und uU sogar zur Folge haben, dass die Arbeiten wegen Freistellung einiger weniger Mitarbeiter nicht fortgeführt werden können, weil Bauarbeiten im Regelfall nur unter gleichzeitigem Einsatz von mehreren Arbeitnehmern möglich sind.
- Eine Regelung, nach welcher der Arbeitnehmer über den Entfall der Arbeit entscheidet und ungeachtet dessen einen (wenn auch nur teilweisen) Entgeltfortzahlungsanspruch hat, wäre zudem verfassungswidrig. Auch ein generelles Arbeitsverbot ab einer bestimmten Temperatur wäre verfassungsrechtlich nicht haltbar (weil unsachlich) und würde aus rein praktischer Sicht einen Katalog an Ausnahmen nach sich ziehen (sonst wäre zB auch ein Rohrgebrechen an Hitzetagen erst behebbar, wenn es in der Nacht abkühlt).
- Im Falle eines Rechtsanspruchs auf Hitzefrei wäre überdies völlig unklar, wie mit daraus resultierenden Bauzeitverzögerungen und damit einhergehenden Mehrkosten (zeitabhängige Baustellengemeinkosten, Pönalen etc.) umzugehen wäre.
Links im BUAK-Portal:
- Schlechtwetterkriterien: www.buak.at „Für Arbeitgeber“ „Leistungen“ „Schlechtwetter“ „Schlechtwetterkriterien“
- Temperaturabfrage: www.buak.at „Für Arbeitgeber“ „Temperaturabfrage Geosphere Austria“
Fürsorgepflicht des Arbeitgebers: Gemäß § 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) sind Arbeitgeber verpflichtet, für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer in Bezug auf alle Aspekte, die die Arbeit betreffen, zu sorgen. Dies trifft auch für besondere Belastungen durch heiße Temperaturen auf Baustellen zu. Gemäß § 66 Abs. 2 ASchG haben Arbeitgeber geeignete Maßnahmen zu treffen, damit die Arbeitnehmer keinen erheblichen Beeinträchtigungen durch Hitze ausgesetzt sind oder diese Einwirkungen möglichst geringgehalten werden. Empfohlene Maßnahmen bei Hitze auf Baustellen sind (Auszug):
- direkte Sonneneinstrahlung auf ein Minimum reduzieren:
- Sonnenschirme/Sonnensegel oder sonstige Beschattungen nutzen
- Arbeiten in unbeschatteten Bereichen in die Morgen- bzw. Abendstunden verlegen
- Innenarbeiten während der Mittagsstunden verrichten
- Tragen von UV-Schutzbekleidung und -Schutzbrillen
- hinreichend kühles Trinkwasser und Sonnenschutzmittel bereitstellen