Beschäftigung im Sommer und Winter

Die Bauwirtschaft ist eine Saisonbranche, daher sind Winterunterbrechungen in vielen Fällen alternativlos. Allerdings ermöglichen die rechtlichen Rahmenbedingungen vielfach auch eine längere Beschäftigung.

Text: Christoph Wiesinger, Geschäftsstelle Bau

Bauarbeiten finden oftmals im Freien statt, was zur Folge hat, dass manche Arbeiten nur zu bestimmten Jahreszeiten durchgeführt werden können. Wiewohl die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse nicht schlagartig ansteigt oder absinkt, sind die Beschäftigtenzahlen traditionell im August am höchsten und im Februar am niedrigsten. Diese unverschuldeten und von den Unternehmen nicht beeinflussbaren Rahmenbedingungen werden der Branche oftmals unreflektiert vorgeworfen (Stichwort „Parken von Arbeitnehmern beim AMS“). Dabei hat die Branche in den vergangenen Jahrzehnten mehrere Maßnahmen umgesetzt, um die Schwankungsbreite zu verringern.

Schlechtwetterentschädigung

Die Schlechtwetterentschädigung entstand in einem mehrjährigen Prozess am Anfang der 1950er-Jahre als erste Maßnahme zur Bekämpfung der Winterarbeitslosigkeit. Damals wurden Bauarbeiter oft  bei Beginn des Winters gekündigt und Betriebe teilweise saisonal gänzlich geschlossen, womit auch milde Phasen im Winter nicht zum Bauen genutzt wurden. Die Schlechtwetterentschädigung sollte eine finanzielle Entlastung für einzelne (kalte) Tage bringen, damit die Beschäftigungsverhältnisse in ihrer Gesamtheit länger andauern.

Die Regelung wurde bald auf den Sommer ausgeweitet, doch sieht auch das geltende Recht nach wie vor für den Winter (genau den Zeitraum zwischen 1. November bis 31. März) ein Schlechtwetterkontigent von 200 Stunden vor, während jenes der Sommerperiode (1. April bis 31. Oktober) nur 120 Stunden umfasst.

Winterfeiertagsvergütung

Die Winterfeiertagsvergütung wurde bereits im Jahr 1996 eingeführt. Dadurch erhalten Arbeitgeber eine pauschale Rückvergütung für die „Weihnachtsfeiertage“ (24., 25., 26., 31. Dezember, 1. und 6. Jänner), sofern diese nicht auf einen Samstag oder Sonntag fallen. Zudem wurden im Jahr 2020 die „Nebenleistungen“ – also der pauschale Ersatz der direkten Lohnnebenkosten – von 17 % auf 30,1 % angehoben. Die Kosten, die einem Betrieb durch die Entgeltfortzahlung für diese bis zu sechs Feiertage (im Jahr 2022/23 fallen sie allerdings so, dass nur zwei Tage betroffen sind) entstehen, werden also weitestgehend refundiert, sodass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses kurz vor Weihnachten nur aus Kostengründen nicht mehr notwendig ist.

Die dafür notwenigen Mittel kommen im Übrigen direkt aus der Branche, weil zwischen 1. April und 30. November der sogenannte Winterfeiertagszuschlag eingehoben wird. Er beträgt für einen Facharbeiter aktuell 24,99 € pro Woche.

BUAG-Zuschläge

Der Zuschlag für das Überbrückungsgeld ist im Zeitraum von Dezember bis März niedriger; der Faktor beträgt hier 0,4 statt 1,5 (für einen Facharbeiter sinkt der Zuschlag daher von 22,43 € auf 6,41 € pro Woche). So gesehen sind also die Lohnnebenkosten für einen Arbeiter im Winter geringer als im Sommer, was eine Beschäftigung in der kalten Jahreszeit attraktiver machen soll.

Automatische Urlaubsersatzleistung

Wird das Arbeitsverhältnis zwischen 1. Oktober und 31. März beendet und hat der Arbeitnehmer Urlaubsansprüche, die in den darauf folgenden sechs Monaten verjähren würden (aktuell betrifft dies Urlaubsansprüche, die im Jahr 2020 erworben wurden), kommt es zur automatischen Urlaubsersatzleistung. Der Arbeitnehmer wird hier sozialversicherungsrechtlich so behandelt, als wäre er bei der BUAK angestellt. Auch diese Maßnahme führt daher zu einer Verkürzung der Winterarbeitslosigkeit.

Ein neues Arbeitszeitmodell?

Immer wieder sind in der Branche Rufe zu vernehmen, dass die bestehenden Arbeitszeitmodelle zu unflexibel sind und Überstunden „aus dem Sommer“ doch einfach durch Zeitausgleich 1:1 im Winter generell konsumierbar sein sollten. Dabei ist aber zu beachten, dass ein solcher Zeitausgleich wie ein fiktiver Überstundenzuschlag von ca 40 % wirken würde. Wieso dies?

Die Zuschläge nach dem BUAG werden pro Arbeitstag berechnet und fallen daher für Überstunden nicht an. Werden also Überstunden durch Zeitausgleich dahingehend konsumiert, dass die Arbeitsverhältnisse länger dauern, fallen auch in den Zeiten, die dem bloßen Zeitabbau dienen, die BUAG-Zuschläge an. Dies sind die bereits genannten Mehrkosten von 40 %.

Unter Berücksichtigung dieser Mehrkosten ist der Spielraum für einen allfälligen Mehrstundenzuschlag im Rahmen eines Zeitausgleichmodells äußerst gering (weil diese Stunden nicht teurer als Überstunden werden sollen), weshalb auf Sozialpartnerebene trotz mehrerer Versuche bislang keine Einigung auf ein echtes Jahresarbeitszeitmodell erreicht werden konnte.

Resümee

Im Laufe der Jahrzehnte wurden die Rahmenbedingungen mehrfach abgeändert, um Zeiten der Winterarbeitslosigkeit zu verringern. Die Ideen dazu wurden von den Bau-Sozialpartnern entwickelt. Der eingangs erwähnte Vorwurf, dass es sich die Arbeitgeber im Winter auf Kosten der Allgemeinheit leicht machen und Arbeitnehmer einfach auf die Straße stellen, ist jedenfalls falsch. Und teure Durchbeschäftigungsmodelle würden gerade angesichts der explodierenden Baukosten der Allgemeinheit einen Bärendienst erweisen.

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