Gehaltsautomatiken im Bauangestellten-Kollektivvertrag

Der Kollektivvertrag für Angestellte der Baugewerbe und der Bauindustrie kennt drei verschiedene Fälle, in denen das Gehalt verpflichtend angehoben werden muss.

Text. MMag. Dr. Christoph Wiesinger, Geschäftsstelle Bau

Die Unterscheidung zwischen diesen drei Fällen ist von grundlegender Bedeutung, weil der KV für jeden dieser Fälle andere Berechnungsarten vorsieht. Zu unterscheiden sind:

  • Erhöhung der kv-lichen Mindestgehälter (üblicherweise zum 1. Mai eines jeden Jahres);
  • Biennalsprünge (alle zwei Jahre bis zum 10. Gruppenjahr);
  • Umstufung in eine höhere Beschäftigungsgruppe wegen geänderter (höherwertiger) Tätigkeit.

Sofern der Angestellte keine Überzahlung hat, stellen sich keine besonderen Fragen, weil dann das neue Mindestgehalt der jeweils aktuellen Gehaltstafel entnommen werden kann. Etwas komplizierter wird es bei Überzahlungen, weil der KV für die genannten drei Fälle unterschiedliche Regelungen enthält. Bei allen Beträgen handelt es sich im Folgenden um Bruttowerte.

Erhöhung im Rahmen der KV-Runde

Hier enthält der KV seit Jahrzehnten die Parallelverschiebungsklausel. Überzahlungen müssen betragsmäßig erhalten bleiben.

Beispiel: Ein Angestellter ist in der Beschäftigungsgruppe (BG) A3/nach dem 8. Jahr eingestuft. Der kv-liche Mindestlohn betrug nach der Gehaltstafel 2020 3.275 €, im Jahr 2021 3.341 €. Wenn mit dem Angestellten 2020 ein Ist-Gehalt von 3.900 € vereinbart war, betrug die Überzahlung 625 €. Das neue Ist-Gehalt per 1.5.2021 beträgt dann (3.341+625=) 3.966 €.

Biennalsprünge

Bei den Biennalsprüngen sieht der KV vor, die Überzahlung zu verringern, weil in einem solchen Fall nur 60 % des Biennalsprungs gewährt werden müssen.

Beispiel (Fortsetzung): Der Angestellte vollendet das 10. Gruppenjahr. Hier sieht der KV (Stand 2021) ein Mindestgehalt von 3.341 € nach dem 8. Jahr und von 3.483 € nach dem 10. Jahr vor. Der Biennalsprung beträgt daher (3.483-3.341=) 142 €. 60 % davon sind 85,20 €. Das neue Ist-Gehalt beträgt daher (3.966+85,20=) 4.051,20 €. Die Überzahlung ist damit auf (4.051,20-3.483=) 568,20 € gesunken.

Umstufung in eine höhere Beschäftigungsgruppe

Bei einer Umstufung in eine höhere Beschäftigungsgruppe sieht der KV die Einstufung in jenes Gruppenalter vor, das über dem bisherigen Ist-Gehalt liegt.

Beispiel (Fortsetzung): Der Angestellte rückt in die Gruppe A4 vor. Dort sieht der KV (Stand 2021) ein Mindestgehalt von 3.958 € im ersten und zweiten Jahr sowie von 4.167 € nach dem 2. Jahr vor. Der Angestellte erhält mit der Umstufung ein Gehalt von 4.167 €. Er hat damit keine Überzahlung mehr. Der nächste Biennalsprung erfolgt dann nach Vollendung des 4. Jahres in dieser Gruppe (also im Jahr 2025).

Diese auf den ersten Blick aus Sicht des Angestellten nicht besonders großzügige Regelung hat für ihn aber versteckte Vorteile bei künftigen Erhöhungen der kv-lichen Mindestgehälter. Die Parallelverschiebungsklausel führt dazu, dass der Erhöhungsprozentsatz „nur“ für den Anteil des kv-lichen Mindestgehalts wirkt. Bei einem gleichen Bruttogehalt ist es daher für den Angestellten besser, wenn ein möglichst großer Anteil seines Gesamtgehalts kv-liches Mindestgehalt ist und damit die Überzahlung einen kleineren Anteil des Gesamtgehalts umfasst.

Der Kollektivvertrag regelt nur das Mindestniveau

Die oben genannten Bestimmungen stellen nur das Mindestniveau dar, zu dem der Arbeitgeber verpflichtet ist. Besserstellungen des Angestellten sind daher stets zulässig. Denkbar sind etwa die Gewährung des kv-lichen Erhöhungsprozentsatzes nicht nur für das Mindestgehalt, sondern für das Ist-Gehalt oder die Aufrechterhaltung von Überzahlungen beim Biennalsprung. Obwohl dazu nach dem KV keine Verpflichtung besteht, sollte der Arbeitgeber aber beachten, dass aus einem vorbehaltslosen Gewähren derartiger Mehrleistungen eine Individual- oder Betriebsübung entstehen kann. Er ist dann zwar nicht aufgrund des KV zu Mehrleistungen, aber aufgrund der Übung zu solchen verpflichtet. Die Verpflichtung kann aber leicht dadurch beseitigt werden, indem der Arbeitgeber aus Anlass der Gewährung darauf hinweist, dass diese Mehrleistung freiwillig und unpräjudiziell erfolgt.

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