Haftung des Scheinbauführers: OGH-Erkenntnis

Brennendes Haus

Eine kürzlich getroffene OGH-Entscheidung zeigt erstmals augenscheinlich, welchem Risiko sich ein „Scheinbauführer“ tatsächlich aussetzt.

Text: Thomas Mandl LL.M., Geschäftsstelle Bau

Ausgangslage für die Entscheidung 6 Ob 39/19g war die Tätigkeit eines ausgebildeten Ofensetzers, der kein Gewerbe angemeldet hatte und deshalb – um Probleme mit den Behörden zu vermeiden – mit einem Hafner (mit aufrechter Gewerbeberechtigung) regelmäßig zusammenarbeitete. Während der Ofensetzer alle Arbeiten alleine durchführte, legte der Hafner für die Arbeitsleistung zum Schein nach außen Rechnung und stellte darüber hinaus auch die vor Inbetriebnahme eines Ofens notwendige Bestätigung eines Hafnermeisters aus. Für diese derart ausgestaltete „Scheinbauführerschaft“ schlug der Hafner eine „Provision“ von 350 Euro pro gesetztem Ofen auf die Rechnung auf.

Bei den Arbeiten an einem Ofen in einer Salzburger Almhütte hielt der Ofensetzer die gesetzlich vorgeschriebenen 15 cm Abstand zwischen dem Rauchgasverbindungskanal und der Holzwand nicht ein. Der an den Arbeiten nicht beteiligte Hafnermeister stellte – ohne das Gewerk kontrolliert zu haben – die Bestätigung aus, wonach der Ofen dem Stand der Technik entspreche. Pflichtgemäß hätte er zur Ausstellung des positiven Endbefunds die vorschriftsmäßige Errichtung des Ofens sicherstellen müssen. Die Folge: ein Vollbrand. Der Oberste Gerichtshof (OGH) entschied daraufhin, dass beide für die abgebrannte Almhütte zu haften haben: der Ofensetzer deshalb, da er den Ofen nicht vorschriftsgemäß gesetzt hatte und der Hafnermeister, da er „blind“ einen falschen Endbefund ausgestellt hatte.

Würdigung der OGH-Entscheidung

Durch die vorliegende OGH-Entscheidung wurde erstmals augenscheinlich, welchem Risiko sich ein „Scheinbauführer“ tatsächlich aussetzt. Lässt ein Gewerbetreibender den Bauherrn darüber im Unklaren, dass er tatsächlich keine Arbeitsleistung erbringt und den Befund „blind“ ausstellt, haftet er für den vom tatsächlichen Leistungserbringer (Pfuscher) verursachten Schaden ebenfalls. Ist hingegen dem Bauherrn – wie in früheren Anlassfällen des OGH – bewusst, dass es sich bei einem Bauführer um einen „Scheinbauführer“ handelt, kann er auch keinen Schadenersatzanspruch gegen diesen geltend machen.

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