Kumulation von Verwaltungsstrafen: Wie kann man sich schützen?

Das Kumulationsprinzip ist dafür verantwortlich, dass – insbesondere bei Unterlassungen –
für scheinbar ein- und dieselbe Übertretung mehrere Verwaltungsstrafen verhängt werden.
Es gibt allerdings rechtliche Möglichkeiten, diesen Effekt abzuschwächen.

TEXT: CHRISTOPH WIESINGER, GESCHÄFTSSTELLE BAU

Im Verwaltungsstrafrecht gilt das sogenannte Kumulationsprinzip. Dieses besagt vereinfacht, dass jede Verwaltungsübertretung gesondert zu bestrafen ist. Gleichzeitig hat die Behörde auch jeden Beschuldigten, der eine Verwaltungsvorschrift übertreten hat, eigens zu bestrafen. Da im Strafrecht (anders als beim Schadenersatz) Schuld nicht teilbar ist, kann dies im Ergebnis unverhältnismäßig hohe Strafen zur Folge haben. Ein bisschen Vorsicht kann aber zu großen Ersparnissen führen.

Der fehlende Helm wird teuer

Dazu folgendes Beispiel. Martin Müller und Michael Meier sind bei der Huber Bau GmbH als Bauarbeiter beschäftigt. Trotz mehrfacher Aufforderungen setzen sie regelmäßig keinen Schutzhelm auf und prompt werden sie bei einer Kontrolle vom Arbeitsinspektor in diesem Zustand angetroffen. Da dies schon zum wiederholten Male passiert ist, leitet dieser ein Verwaltungsstrafverfahren ein. Beschuldigte in diesem sind alle handelsrechtlichen Geschäftsführer der Huber Bau GmbH. Das sind in unserem Beispiel Hans, Hugo und Heidemarie Huber. Der Strafreferent der BH verhängt eine Verwaltungsstrafe von 400 Euro. Der Satz ist allerdings zunächst mal zwei zu rechnen, weil zwei Arbeitnehmer betroffen waren (macht also 800 Euro) und dann nochmals mal drei, weil alle drei Geschäftsführer bestraft werden. Das ergibt in unserem Beispiel also 2.400 Euro.

Verantwortlicher Beauftragter

Wie können sich die drei Geschäftsführer vor solchen Strafsätzen schützen – abgesehen von noch intensiveren Kontrollmaßnahmen, damit alle Gesetze auch tatsächlich eingehalten werden? Eine Möglichkeit ist die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten (§ 9 VStG). Das ist im Regelfall ein Angestellter, der dieser Bestellung aber zustimmen muss und sie auch jederzeit widerrufen kann. In vielen Fällen sind diese Bestellungen aber nur wirksam, wenn sie vor Einleitung des Strafverfahrens bei der zuständigen Behörde gemeldet wurden. Das sind beim Arbeitnehmerschutz das Arbeitsinspektorat, bei der illegalen Ausländerbeschäftigung das Finanzamt und beim Lohn- und Sozialdumping die GKK. Die Bestellung muss außerdem einen eindeutigen Zuständigkeitsbereich erfassen. Eine Bestellung „für alle Baustellen, auf denen Herr X Bauleiter ist“, ist demgemäß zu unkonkret.

Alternative: Verantwortliches Vertretungsorgan

Anstelle eines Angestellten können die Geschäftsführer aber auch einen aus ihrem Kreis zum verantwortlichen Beauftragten machen, wobei man diesen – zur besseren Unterscheidung vom oben genannten Fall – als verantwortliches Vertretungsorgan bezeichnet.
Auch dieser muss seiner Bestellung zustimmen, allerdings ist – wie der Verwaltungsgerichtshof kürzlich in einer Entscheidung bestätigt hat – in diesem Fall die Vorab-Meldung an die Behörde nicht erforderlich. Vorsicht ist nur insofern geboten, als eine bloße interne Aufgabenteilung nicht ausreichend ist. Der Bestellvorgang muss gesondert erfolgen, ist aber an keine Form geboten (die Protokollierung dieser Tatsache ist aus Beweisgründen ratsam, aber nicht verpflichtend). Hätten die Geschäftsführer also in unserem Beispiel einen aus ihrer Mitte zum verantwortlichen Vertretungsorgan bestellt, hätte nur einer von ihnen die Verwaltungsstrafe bezahlen müssen. Die fehlenden Helme hätten dann „nur“ 800 statt 2.400 Euro gekostet.

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