Eine vergebene Chance

Der Entwurf zu einem Bundesvergabegesetz befand sich 2017 in Begutachtung, wurde im Ministerrat beschlossen und dann doch nicht mehr Gesetz. Die Anliegen der Bauwirtschaft müssen im nächsten Anlauf noch stärker berücksichtigt werden. Und auch sonst bieten die geplanten Neuerungen viel Diskussionsstoff.

Text: Mag. Matthias Wohlgemuth, Geschäftsstelle Bau

Die EU-Vergaberichtlinien wären bis April 2016 umzusetzen gewesen. Mit knapp einem Jahr Verspätung lag der unter strengster Geheimhaltung von Bund und Ländern – nebenbei bemerkt allesamt öffentliche Auftraggeber – erarbeitete Entwurf für ein neues Bundesvergabegesetz dann Anfang 2017 endlich auf dem Tisch. Gesetz wurde er nicht. Und für 2018 sind die Karten neu gemischt.

Die im Entwurf 2017 geplanten Neuerungen

Wer sich mit dem Bundesvergabegesetz beschäftigt, hat zunächst einmal viel Lesestoff: Die 384 Paragrafen und 21 Anhänge des Gesetzesentwurfs mit den entsprechenden Erläuterungen füllen 282 Seiten. Und der Entwurf enthält viele diskussionswürdige Neuerungen.

Bisher gilt die Zustimmung zu einem nach Zuschlag genannten Subunternehmer als erteilt, wenn dieser vom Auftraggeber nicht binnen drei Wochen abgelehnt wird. Diese Regelung findet sich im Entwurf nicht mehr. Das wird die dringend notwendigen raschen Entscheidungenaller Beteiligten auf der Baustelle nicht fördern. Bleibt für den Praktiker die Frage, was ein Bauunternehmen machen soll, wenn er den im Angebot genannten Subunternehmer „verliert“ und der Auftraggeber zum nachgenannten Subunternehmer gar nichts sagt. Einsetzen darf der Auftragnehmer den neuen Subunternehmer nicht. Gesetzlich haftet er für allenfalls ausstehendes Entgelt der Arbeitnehmer des Subunternehmers, und vertraglich droht meist eine hohe Pönale. Wenn er den Subunternehmer aber nicht einsetzen kann, dann kann er die Leistung nicht erbringen, was in der Regel wiederum pönalisiert ist.

Die Normenbindung wird durch eine vollkommen unverbindliche Formulierung praktisch entwertet. Ein öffentlicher Auftraggeber hat zukünftig auf geeignete Leitlinien wie Önormen oder standardisierte Leistungsbeschreibungen lediglich „Bedacht zu nehmen“.

Der öffentliche Auftraggeber soll erstmals Unternehmer wegen schlechter Erfahrungen bei früheren Aufträgen ausscheiden können. Dies schränkt der Gesetzgeber zwar in den Erläuterungen auf ganz gravierende Fälle ein, aber auch das sollte noch eindeutiger festgehalten werden. Aufgrund aktueller Rechtsprechung verlangen viele öffentliche Auftraggeber im Vergabeverfahren auch von allen Prokuristen eines Unternehmens Strafregisterauszüge. Das bringt nichts außer enormen administrativen Mehraufwand für alle.

Im Gesetz könnte man das „reparieren“, aber es findet sich keine diesbezügliche Klarstellung.

In der Praxis wird schließlich die sehr ausführliche Regelung im Gesetz spannend, die eine Neuausschreibung verlangt, wenn während der Laufzeit von Verträgen wesentliche Änderungen erfolgen.

Vorschläge nicht berücksichtigt

Die Bundesinnung Bau hat laufend zahlreiche konkrete Verbesserungsvorschläge zum Vergaberecht gemacht – und zwar im Detail ausgearbeitet bis hin zu einem Formulierungsvorschlag für den Gesetzestext. Aber weder zur vertieften Angebotsprüfung noch zu den Eignungskriterien findet sich davon etwas im Begutachtungsentwurf.

Dabei sind klare Vorgaben für die vertiefte Angebotsprüfung praktisch sinnvoll. Diese sollte jedenfalls durchgeführt werden müssen, wenn der Bieter mit dem billigsten Preis um mehr als zehn Prozent unter dem Zweiten oder um mehr als 15 Prozent unter dem Durchschnitt liegt. Und zur Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Bieters sind verpflichtende Eignungskriterien (z. B. KSV-Rating) unbedingt notwendig.

Ein wesentlicher Schritt zur Qualitätsverbesserung öffentlicher Ausschreibungen wäre unserer Ansicht nach die Antragslegitimation der Interessenvertretungen zur Nachprüfung von Ausschreibungsunterlagen vor Ende der Angebotsfrist. Für diese Maßnahme kämpft die Bundesinnung Bau schon seit vielen Jahren. Der vorliegende Entwurf sieht das aber nicht vor.

Haftungsbestimmung verhindert

Im Vorfeld des Entwurfs wurde auch – wenige Wochen nachdem das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz mit Jahresbeginn in Kraft getreten ist – eine weitereHaftungsbestimmung für Bauunternehmen für das Entgelt der von allen nicht im Angebot genannten Subunternehmern eingesetzten Arbeitnehmer angedacht. Das konnte die Bundesinnung Bau vorerst verhindern. Bis auf weiteres ist im wahrsten Sinn des Wortes kein Platz für zusätzliche Haftungsbestimmungen im Vergabegesetz.

Nächste Schritte

Bis spätestens Oktober 2018 ist die Verpflichtung zur elektronischen Durchführung von Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich umzusetzen. Deutlich früher sollte der Gesetzgeber die Chance nutzen und in einem neuen Bundesvergabegesetz unsere oben angeführten Anliegenberücksichtigen. Das wäre unabdingbar, um im Vergaberecht für Regelungen zu sorgen, die in weiterer Folge auch eine praktikable Abwicklung von Bauprojekten ermöglichen.

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